Ein schmaler Grat

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Kommentare über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Einstellungen in der Gesellschaft zu Masken und Maskierten wollte ich mir eigentlich verkneifen. Das Foto hier allerdings – es gehört zu einem taz-Online-Artikel – reizt nun doch dazu, diesem Vorsatz untreu zu werden.

Klassische medizinische Masken haben eine derart spezielle Form, dass sie nicht an Masken zum Verbergen der Identität oder an Karnevalsmasken erinnern. Sie wecken ganz andere Assoziationen. Das Bild von Karsten Thielker allerdings zeigt einen Maskenträger, der mit seiner „Community-Maske“ diesen Assoziationsraum bewusst verlassen hat. Zusammen mit der Sonnenbrille, die den Augenkontakt verhindert, wirkt sein Outfit eher wie die Verkleidung zu einer – sagen wir: staatskritischen Demonstration.

Oder ist das ein Foto, das aus solch einem Zusammenhang stammt? Dann hat es der Autor des taz-Beitrags bewusst ausgewählt, um die Gedanken der Leser in eine ganz bestimmte Richtung zu lenken.

Spannend ist es so oder so, wenn man auf die Personen im Hintergrund schaut. Der Blick des Erwachsenen ist latent feindlich und sagt: Was ist das für einer? Was soll ich von dem halten? Das Kind ist einfacht irritiert-erstaunt oder sogar verängstigt.

Ob das Bild nun aus der Corona-Welt stammt oder nicht: Es zeigt, wei schmal der Grat zwischen medizinisch begründetem Maskentragen und Identitätsverschleierung ist und wie leicht man auf die Idee kommen kann, ihn zu überschreiten. Und damit landet man schnell bei all den anderen Phänomenen, die aus der  Corona-Krise resultieren, und die allesamt politische Implikationen haben:

  • Demonstrationen werden aufgrund des Kontaktverbots schwieriger. Die Thematik ist bereits beim Verfassungsreicht angekommen. Sicherheit und Freiheit im Konflikt.
  • Faktoren westlicher Kultur, die in den Auseinandersetzungen um die Burka stark betont wurden, sind plötzlich „gefährlich“ und entweder teilweise erschwert oder ganz verschwunden. „Wir sehen einander in die Augen“, „wir geben einander die Hand“. Sicherheit versus lokale Kultur.
  • Gerade bewegten wir uns weg vom Individualverkeht, jetzt wird er zum Überlebensfaktor. Selbst die Autokinos kommen wieder. Sicherheit versus Naturschutz und kulturellen Wandel, zumindest solange die E-Mobilität noch schwächelt.

Und so weiter. Auf die Konflikte, die diese Konstellationen auslösen, und auf die juristischen Folgen und am Ende die wissenschaftlichen Arbeiten, die dadurch ausgelöst werden, darf man bei aller Besorgnis um Corona durchaus gespannt sein.

Für diesen Blog bleibt erst einmal die Erkenntnis: Ein Äquivalent zur venezianischen „Gesellschaftsmaske“ wird es in Deutschland wohl nicht so schnell geben. Aber die venezianische „Pestmaske“, die haben wir jetzt. Und die wiederum nennen wir „Community-Maske“. Auch eine Art von „Culture-Clash“, wenn auch historisch.

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