Buchbeitrag 2017
Aus einem Vortrag zu Bauta und Tabarro, den meine Co-Autorin Bettina Weßelmann und ich im November 2015 in Berlin gehalten haben, ist ein wissenschaftlicher Buchbeitrag in der Springer-Reihe „DuD-Fachbeiträge“ entstanden, der den damaligen Stand der Überlegungen zum Thema festhält. Bis jetzt (2019) ist dieser Beitrag nach wie vor aktuell.
Der Text hat den Titel „Anonymität als soziokulturelle Inszenierung“ und findet sich auf S. 109.
Bestellen kann man es (natürlich) in Amazonien, aber auch im „normalen“ Buchhandel und per Versand z.B. auch ganz einfach hier, wo das genau so schnell und sogar auf Rechnung geht.
Präsentation und Fachbeitrag zur ISSE 2010
Für die ISSE-Konferenz 2010 in Berlin entstand ein Vortrag zur Bauta und zum zugehörigen Anonymitätsmodell. Die Präsentation lässt sich hier abrufen, ein Fachbeitrag zum Thema ist im Konferenzband enthalten.
Vortrag auf der EIC 2010
Schon etwas früher, während der European Identity Conference 2010 in München präsentierte ich ein paar erste Gedanken zum Bauta-Projekt. Der Vortrag brachte eine lebhafte Diskussion in Gang. Einige der Fragen der Teilnehmer waren für die weiteren Überlegungen zum Thema überaus fruchtbar:
- Venedig war eine vergleichsweise kleine Stadt. Funktioniert ein Anonymitätskonzept wie das, welches sich mit der Bauta verbindet, vielleicht nur in einem (nahezu) geschlossenen System wie dem der venezianischen Gesellschaft? Ist das Internet eher ein geschlossenes oder ein offenes System? Vielleicht hat das Bauta-Konzept ja mehr mit den Anonymitäts- und Pseudonymitätskonzepten von Plattformen wie den Imageboards im Web zu tun als mit dem Internet insgesamt.
- War die Bauta wirklich ein gutes Mittel, um Anonymität herzustellen? Immerhin konnte der Träger damit schwerlich Größe, Gewicht und Stimme verstecken.
- Wenn irgendetwas schief ging, konnte man einen Maskenträger leicht demaskieren. Ist diese Maßnahme bei einem Internet-Anwender nicht ungleich schwieriger durchzuführen?
- Um ein Anonymisierungsmittel wie die Bauta zu entwickeln, müssen die Venezianer die Notwendigkeit dazu verspürt haben. Wenn man einmal annimmt, dass sich die meisten Internet-User im Web heute nach wie vor mehr oder weniger anonym fühlen, könnte dies nicht der Grund für das aktuell allgemein geringe Interesse an Internet-Anonymisierungsverfahren sein?
- Die Bauta gab ihrem Träger die Identität eines echten venezianischen Bürgers, ohne allzu viele persönliche Details zu offenbaren. Könnte man den neuen deutschen digitalen Personalausweis und vergleichbare Identifizierungsmittel auf diese Weise benutzen?
- Wenn notwendig, konnte ein Venezianer gezielt immer ein bisschen mehr von seiner Identität offenbaren, indem er Teile der Maske abnahm. Lässt sich auch das in die Internet-Umgebung übertragen?
- Kann das reale Umfeld Venedigs wirklich mit einem virtuellen wie dem Internet verglichen werden?
Viele wertvolle Fragen – besten Dank dafür an die Teilnehmer der Konferenz!
LANline Editorial 2005
In einem Editorial der Sonderausgabe 5/2005 der Fachzeitschrift LANline, für die ich damals arbeitete, habe ich zum ersten Mal über venezianische Masken und ihre Verwendung im Vergleich mit modernen Identitätsmanagementansätzen geschrieben. Die damals gezeigte Maske war allerdings keine traditionalle Bauta.
Hier der Text:
Maske, Rolle und Identität
Im alten Venedig war das Tragen von Masken amtlich geregelt. Patrizier durften den schwarzen Umhang, die „Bauta“, zusammen mit Kapuze, Dreispitz und Gesichtsmaske anlegen. Sie taten dies nicht nur zum Vergnügen. Bei Geschäften mit suspekten fremden Händlern etwa erlaubte die Bauta Verhandlungen, ohne dass der Maskierte seine persönliche Identität preisgeben musste. Für den Händler aber war sie geradezu ein Ausweis der Vertrauenswürdigkeit seines Gegenübers. Dies konnte nur funktionieren, weil die staatliche Kontrolle zwischen der realen Existenz und den Standesrechten einerseits und der Rolle des Maskenträgers andererseits eine Pflichtverbindung herstellte. Niemand durfte sich unrechtmäßig die Freiheiten anmaßen, die die Maske ihm bot. Innerhalb der Nobilität sollte die Bauta außerdem egalisierend wirken, indem sie die politische und wirtschaftliche Position und Funktion des Trägers im Alltag über dessen individuelle Person stellte. Ganz nebenbei stellte sie eine Lizenz dazu dar, gesellschaftliche Schranken in wohl definierten Grenzen zu übertreten.
Moderne IT-Sicherheit nimmt im Zuge der Konzentration auf den Zugriffsschutz für Informationen, der das Primat der Perimetersicherheit ablöst, erstaunlich viele Aspekte des venezianischen Maskenspiels auf. Mit Rollenzuweisungen erleichtern sich Administratoren die Vergabe von Zugriffs- und Handlungsrechten im Netz, müssen dafür aber sorgfältig kontrollieren, wer welche Rolle zu welcher Zeit spielen darf. Endanwender wiederum achten vermehrt darauf, gerade in unbekannten Netzen nicht zuviel von sich preiszugeben. Sie verstecken sich gegebenenfalls hinter [Anonymisierungssoftware (engl. „Anonymiser“)] als Masken des Informationszeitalters. Identity Management soll die Zielkonflikte zwischen den Einzelakteuren im Netz und den Betreibern oder Anbietern von Informationen lösen: Der Endanwender bestimmt, wie viel sein Gegenüber über ihn wissen und an Informationen weitergeben darf, und sein Widerpart entscheidet, welche Rechte er im Gegenzug freigibt. Je weiter eine der beiden Seiten dabei geht, desto mehr Privilegien räumt sie Ihrem Gegenüber ein. Dieses Spiel entwickelt sich gerade zum spannendsten Part der modernen Informationssicherheit.
Wo es in diesem Heft um Identity Management geht, erkennen Sie am […] abgebildeten Maskenfoto. Zu wissen, wer dahinter steckt, ist mein ganz persönliches Privileg.